Heute morgen über Hans Sachs gestolpert – dem Meistersinger von Nürnberg, dem Spruchdichter aus dem 16. Jh.
Genauer bin ich über seinen Schwank 58 „Woher die Männer mit den Glatzen ihren Ursprung haben“ gestolpert und die Antwort lautet wie? Richtig: Von den bösen Frauen.
Von wem auch sonst?
Nachlesen kann man dahier: *Klickst du*
Nacherzählt ist es aber recht fix:
Ein Witwer, 50, volles Haar, grau-schwarz-meliert nimmt sich zwei Frauen gleichzeitig zum Eheweib (brillante Idee, btw.) – die eine alt und reich, die andere jung, schön und arm. Und die beiden zänken sich natürlich und buhlen um seine Gunst usw. Die Alte hat halt Geld und ihn damit am Wickel, die Junge hat Jugend, Aussehen und stellt ihm ohne zu meckern die Pantoffeln hin. Da hat er freilich die Junge lieber – worauf die Alte ihm beginnt die schwarzen Haare auszureißen, damit er genauso alt und schlupfig ausschaut wie sie.
Die Junge lässt derweil im Haushalt nach, verliert an Gunst, darf nicht mehr so viel bei Wish bestellen und: bekommt das irgendwann mit, wie die Alte Haare rupft. Denkt sich: das kann ich auch. Sie nimmt aber die grauen und irgendwann ist der gute Mann kahl und muss ne Strickmütze tragen.
Und damit auch jeder die Moral von der Geschicht versteht, wird das am Schluss nochmal erläutert:
Nimmt er ’ne Alte, will allein
Hans Sachs, Schwank 58
Sie in dem Hause Meister sein
Und halten Haus, wie’s ihr behagt.
Gar keinen Scherz sie mit ihm macht,
Seltsam mit Worten und Gedanken
Ist sie und thut sie’s mit ihm zanken,
Womit sie ihm ausrupfen thut
All seine Freud‘, Ruh‘, frohen Muth.
Jedoch nimmt er ein junges Weib,
So peinigt sie auch seinen Leib,
Er muß sie kleiden, zieren und schmücken,
Zur Hochfahrt helfen in allen Stücken;
Sie macht sich nicht das Mind’ste draus,
Zu leeren ihm den Beutel aus.
So rupft man ihn, wie er’s auch halte,
Er nehm‘ ’ne Junge oder Alte.
Wir fassen also zusammen: Frauen. Alle böse außer Mutti.
Jetzt, klar, kann man sagen: Haja, 16. Jh. Rollenverteilung. Außerdem ein Schwank, Schwänke sind immer derbe und immer Reduktion und außerdem ist das Humor.
Aber spannend (und seltsam vertraut) befinde ich die völlige Nichtexistenz von Beziehungsverantwortung beim Mann. Der hat die Frau ja immerhin geheiratet – was soll er denn noch tun? Er ist da und allein daraus, dass er da ist, entspringt sein Anspruch auf Freud‘, Ruh und frohen Muth. Warmes Mittagessen und Sparsamkeit oben drauf. Die Frau ist es, die Beziehung macht – im Guten wie im Schlechten. Der Mann ist dem Geschehen hilflos ausgeliefert und lässt halt u.U. sei letztes Haar.
Das einzige Mittel sich der Frauenplage zu entziehen, ist, keine Frau zu haben. Also, um die erste kommt man wohl nicht rum, aber wenn man einmal eine Ehe geschafft hat, dann bloß keine neue.
Irgendwie kommt mir das wirklich bekannt vor – also, nicht das mit der Glatze, aber diese Nicht-Beziehungsverantwortung. Muss da seltsamerweise an eine sehr wunderbare Freundin denken, die vier Kinder hat (damals alle noch klein, inzwischen baumhohe, tolle, fast erwachsene Menschen) – und eines Tages gefragt wurde, ob sie sich vorstellen könnte, sich in einen anderen Mann als den ihren zu verlieben. Und die dann ziemlich klar mit „Ne, keinesfalls. Niemals. Nö.“ reagierte.
„Awwww – liebst du deinen Mann so sehr?“
„Was? Nein, also auch – aber ganz ehrlich: nach vier Kindern weißt du eines: die nächste Beziehung führst du mit einer Frau. Libido hin oder her.“
Und alle, wirklich alle anwesenden Frauen (und das waren einige) nickten verständnisvoll.