Böse Frauen

Gedanken, Ideen, Fallgeschichten, Fakten, Kolumnen & Geschichten, lose Fäden und Hanebüchenes

Frauen und Kriminalität

Wenn man mal eben so durchzählt, gibt es in Deutschland mehr Frauen als Männer. Über die letzten Jahre sind Frauen recht stabil mit etwa einer Million in der Überzahl. In der Kriminalitätsstatistik aber hängen die Männer die Frauen aber locker ab – nur etwa 6 % aller Inhaftierten sind Frauen.

Dieses statistische Ungleichgewicht ist kein deutsches Phänomen. In allen Ländern begehen Frauen weniger Delikte als Männer – der Prozentsatz, also „wie viel weniger“ ist unterschiedlich. Aber man kann schon frei raus sagen: Frauen sind, statistisch betrachtet, weniger kriminell als Männer. Der einzige Verbrechensbereich, in dem Frauen führen, ist der der Kindstötung bei Kindern unter sechs Jahren. (Dazu an anderer Stelle mehr.)

Frauen taugen also nicht zum Verbrecher. Woran liegt das? Sind Frauen nicht böse genug? Ist es die Biologie, die Natur der Frau – ist Sanftmut oder wenigstens das Meiden krimineller Handlungen und der damit verbundenen unangenehmen Folgen angeboren? Die Erziehung vielleicht? Landen Frauen einfach seltener in der Statistik, weil das Rechtssystem sie häufiger verschont? Oder lassen sich Frauen einfach seltener erwischen?

Das haben sich schon klügere Köpfe gefragt. Die Herren Lomborso und Ferrero entwickelten um 1895 herum eine Theorie, nach der Frauen sozusagen der innere Antrieb fehlt. Schon allein die Eier, wenn die so lethargisch im Eierstock herumlungern, sind nicht vergleichbar mit den wilden, agilen und aggressiven Spermien. Die Frau also, wenn sie eine verbrecherische Veranlagung hat, tut was?

Sie legt sich hin.

Das ist jetzt ganz klein wenig überspitz geschrieben. Aber die aus der ‚Passivität der Frau‘ entwickelte Gleichverteilungsthese, die, wenn auch in moderner Abwandlung noch bis in die 70ger Jahre des letzten Jahrhunderts postuliert wurde, besagt: Frauen sind genauso böse wie Männer – aber sie begehen seltener Verbrechen, sie werden einfach Prostituierte. Und wenn man jetzt einfach alle Prostituierten mitzählt, dann hat man genauso viele böse Frauen wie Männer. Fertig. (Naja, wenn man jetzt alle Freier mitzählt, sind die Männer zwar wieder in der Überzahl, aber wer wird so pingelig sein.)

Belegt wurde das übrigens nie – der einzige Bereich, in dem die Gleichverteilungsthese festen statistischen Boden unter den Füßen hat ist die Beschaffungskriminalität bei Drogenabhängigen.

Aber lasst uns offen bleiben und die Frage behalten: Ist Prostitution die weibliche Alternative zu Verbrechen?

Bei der Gleichverteilungsthese spielen neben dem Ausweichen in die Prostitution noch zwei weitere (vermutete) Phänomene eine Rolle:

  • Hinter jedem Verbrecher steht eine starke Frau.
    • Heißt: Frauen sind kriminell, stehen aber in der zweiten Reihe. Sie neigen eher zu Manipulation und Hinterlist und verbünden sich mit dem kriminellen Mann oder aber stiften den Mann an – wenn es dann zur Strafverfolgung kommt, sind sie außen vor.
  • Die Ritterlichkeitsthese
    • Diese besagt, dass Frauen bevorzugt behandelt werden – also sowohl Polizei als auch der Apparat des Rechtssystems milder mit ihnen umgeht. Weswegen besonders kleinere Delikte nicht zu Anklage kommen und/oder mit geringen Strafen geahndet werden.

Da wir es ja schon von lethargischen Eizellen hatten – ein Blick auf die Biologie: Natürlich gibt es immer wieder Ansätze, die hinterfragen, ob der unterschiedliche Chromosomensatz, der hormonelle Status, die Gehirnstruktur eine Ursache sein könnte. Ums kurz zu machen: Man weiß es nicht. Könnte schon sein, könnte auch nicht sein.

Macht die Biologie die Frau zum besseren Menschen?

Rein persönlich bin ich der Meinung, wir unterschätzen die Biologie gerne, weil wir so otzstolz auf unseren freien Willen sind. Die Wahrheit jedoch liegt immer irgendwo da draußen und dazwischen. Die Biologie ist unsere Hardware und sie spielt natürlich eine Rolle, welche genau werden wir vielleicht auch noch irgendwann begreifen. Aber die Gesellschaft ist die Software – und da sind wir dann bei den: Rollen- und sozialtheorethischen Ansätzen.

Da gibt es viele.

Erziehung, Prägung, Rollenverständnis. Frauen fürchten mehr die soziale Sanktion, Frauen sind stabilisierter durch die feste Einbindung in Familienstrukturen, Frauen haben keine Zeit für Verbrechen, da sie sich um die Kinder kümmern müssen. Ich kürze dies natürlich wieder rüde runter, wir sind ja zum Spaß hier.

Die Emanzipationstheorie besagt, dass je unabhängiger und selbstständiger Frauen werden, um so mehr werden sie auch in der Kriminialstatistik vertreten sein. In bestimmten Teilbereichen bestätigt sich diese Theorie – zum Beispiel bei zunehmenden Gewaltdelikten von jungen Frauen – insgesamt aber kann man das nicht als bestätigt betrachten.

Sind es also die 3 K – Kinder, Küche, Kirche – die Frauen an der Kriminalität hindern?

Vielleicht aber fragt man auch völlig falsch, wenn man vom Geschlecht aus fragt. Letztlich in jeder Kriminalfall, jedes Delikt die Tat einen einzelnen Menschen. Also steht dahinter immer eine einzelne Motivation – und das (objektive oder subjektive) Fehlen von Handlungsalternativen.

Es gibt zwei Grundmotive krimineller Taten: Geld und Macht. Und vielleicht sollte man einfach nur fragen: Was wollte die Person? Und welche Möglichkeiten hatte sie, um es zu erlangen?

Oder anderes: Worin unterscheiden sich die Möglichkeiten von Frauen und Männern?

Anmaßung

Schreiben ist Anmaßung.

Das ist es in vielerlei Hinsicht – aber in dem Augenblick, in dem man wahre Geschichten erzählt, oder nacherzählt, in dem man über ein reales oder zumindest realistisches Thema schreibt (und zwar belletristisch schreibt, was sich vom wissenschaftlichen und journalistischen Schreiben unterscheidet, aber das soll jemand anderer ausführen) ist es eine ganz besondere Anmaßung.

Belletristik ist immer Fiktion, weil es Transformation ist.

Ein großartiger Satz finde ich – damit ist bin nämlich direkt aus allem raus. Und er klingt auch so schön fundiert.

Aber die Sache mit dem Erzählen – und das Erzählen ist der Kern des belletristischen Schreibens für mich, für einen anderen mag er etwas völlig anderes sein und da geht es nämlich schon los: mich, ich, meins. Nichts kann wahr sein, wenn es meins ist. Auch so ein schöner Satz.

Aber sagen wir mal, ich versuchte wirklich und aufrichtig die Wahrheit zu erzählen.

Dann ist da zum Ersten, dass die Wahrheit meistens ziemlich öde ist. Weil sich nämlich die unterhaltsamen und langweiligen Fakten, die nützlichen und unnützen Details, das für eine Geschichte brauchbare und unbrauchbare stapelt, sammelt, anhäuft und zwar selten so, wie es einem in den Kram passt. Langeweile ist aber etwas für die Akten. Oder für Steuerberater. Und Juristen, natürlich. Die müssen sich natürlich auch mit all dem langweiligen Kram befassen. Jemand der Geschichten erzählt, muss aber genau das sein lassen.

Und zum Zweiten: Wer weiß denn, was wahr ist? Wenn man von Menschen erzählt? Und wenn man vom Bösen erzählt, erzählt man immer von Menschen. Vielleicht hat man noch eine einigermaßen anständige Sammlung von Fakten, wenn es um „Was ist geschehen“ geht – und auch das nur, wenn man nicht allzu viel auf Zeugen und Hörensagen zurückgreifen muss – aber sobald es an das „Warum“ geht, da steckt man dann mittendrin in der Mutmaßung und Anmaßung. Selbst, wenn man ein gestandener, erfahrener und ausgezeichneter Kenner der menschlichen Psyche ist, mit Uni-Abschluss und Doktortitel. „Du kannst keenem in den Kopp kucken“, hat Oma immer gesagt – und ich sage: Selbst wenn du es könntest? Wer sagt denn, dass du darin die Wahrheit findest?

Zum Dritten: ist alles in dieser Welt relativ und unterliegt dem Blickwinkel des Beobachters. Eine Geschichte ist immer auch eine Deutung und nicht nur Deutung des Erzählenden, sondern ebenso eine Deutung durch den Lesenden.

Lassen wir das also mit der Wahrheit und gestehen uns ein: Schreiben ist Anmaßung. Das gilt wie gesagt ganz besonders, wenn ich von Bösen Frauen erzähle – und bei aller Sorgfalt und allem Augenmerk, maße ich mir hier nie an, die Wahrheit zu erzählen. Aber durchaus erzähle ich (auch) von wahren Vorfällen und Begebenheiten. Unterm Strich ist es aber ein Nachdenken über böse Frauen – mit all den Löchrigkeiten und Widersprüchen, den Ansätzen und losen Fäden, den Denkfehlern und Irrtümern.

Diese Blog sammelt und versammelt, was mir an Bösen Frauen vor die Tastatur kommt.

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